Wie alles begann

Bei einigen unvermeidbaren Gartenarbeiten hatte ich mit meiner Frau schon öfters den Spass gemacht ihr zu sagen, dass es mich nicht stören würde wenn wir mehr schöne, möglichst große Feldsteine überall ums Haus herum liegen hätten. Da, wo ein Stein liegt, kann ja kein Unkraut wachsen, das gejätet werden müsste, kein Rasen der gemäht werden sollte und auch keine andere Pflanze, die gezupft, gerupft, hoch gebunden,  entlaust oder sonstwie aufwendig gepflegt werden müsste. Ich habe lange in der Stadt gelebt und kein Problem mit Asphalt und Beton. Mir genügt es wenn ich die Natur sehe und die sehe ich in Form von Wald, Wiesen und Feldern. Ich brauche keine Pflanzen im Garten, die bei guter Pflege vor lauter Freude nochmehr unkontrolliert rumwuchern.  Mir gefallen Pflanzen, die vollkommen selbstständig und als Zierde für die Landschaft einfach wachsen.

Daher begrüßte ich es auch als meine Frau mit dieser Ausbildung zur Kräuterpädagogin begann. Anfangs befürchtete ich schon etwas, dass sie als Schuluniform eine dunkle Kittelschürze und ein Kopftuch bräuchte, sie bald bucklig, dafür mit einer schwarzen Katze auf der Schulter jeden Satz mit „Knusper, knusper Häuschen…“ beginnen würde und mit dem Besen zur Schule reiten würde. Aber: nichts dergleichen. Sehr spannend und hoch wissenschaftlich ging es zu in ihrem Unterricht und ich bereute oft, dass ich an einigen Stellen meiner Chemieausbildung nicht besser aufgepasst habe.

Aber ich hatte trotzdem häufig die Möglichkeit meine Frau bei ihrer Ausbildung und besonders natürlich bei ihren Hausaufgaben zu beobachten, zu erleben und machmal auch ein kleinwenig zu unterstützen. Als meine Frau an einem abend vom Unterricht nach Hause kam, verschwendete sie kaum ein Wort des Grusses, oder einer umfassenden Erklärung, sondern murmelte nur was von“….brauch´Lärchenzapfen“ und entschwand wieder. Diese Verhalten war in letzter Zeit nicht ungewöhnlich. An ihren Ausbildungstagen gab es immer nur wenig andere Themen als Pflanzen. Sie war voll in ihrem Element und da wurde Vieles gesammelt, was in der Vergangenheit gemeinhin als Unkraut bezeichnet oder allenfalls als nette floristische Naturdekoration gesehen wurde, nicht aber als Nahrungsmittel.

Aber Lärchenzapfen ? Naja, nun war das anders. Frisch grün müssen sie sein und auf keinen Fall eigenmächtig begonnen haben zu verholzen. Späteren Auskünften entnahm ich, dass sie nur deswegen auf der Suche war, weil die Schuldirektorin so unangenehm berührt wirkte als meine Frau und ihre Mitschüler gleich nach Bekanntwerden des guten Geschmacks der Zapfen, sich alle schon über die im Schulgarten wachsenden Lärchen äsend hergemacht hatten. Saisonalbedingt aßen wir zur Zeit außerdem Bärlauch in all seinen Vegetationsstufen, Gänseblümchen, mal die Blüten, mal die Stiehle. Sie pflückte sich Birnenbaumblüten auch nicht um sie sich in die Haare zu stecken, sondern um sie zu verzehren. Wiesenkapern wurden angesetzt und Löwenzahnmarmelade und viele andere Kräuter.

Kaum ein Buch und wir haben viele Bücher, bei dem nach dem unkonzentrierten Aufschlagen nicht mindestens eine getrocknete Planze heraus fiel. Und ich schätze das wird noch einige Jahre so sein, denn ähnlich wie ein Eichhörnchen, kann sich meine Frau unmöglich alle ihre kleinen Blumentrocknungsdepots merken. Als vorteilhaft hat sich auch erwiesen, dass ich als Hobby einmal intensiv Krafttraining betrieb und ein paar schwere Hantelscheiben mein Eigen nenne. Einen Schachtelhalm zu pressen erfordert schon ein gewisses Gewicht um hier ein möglichst flaches Ergebnis zu erzielen. Auch sind wir trotz der jahrelangen Nutzung eines PC´s nebst Internetnutzung noch immer nicht weg von unseren klassischen Telefonbüchern. Die Pressfläche ist ungleich größer als zwischen zwei CD-Rom-Hüllen. Wenn es so weitergeht werden wir im Spätherbst und besonders im Winter mehr Planzen im Hause haben als das ganze restliche Voralpenland, aber das macht nichts. Sie schaden ja nicht .

Außer … Ich hatte da letzte Nacht einen Traum. Ich fuhr von der Arbeit nach Hause. Kilometer um Kilometer dem ich mich meinem Dorf näherte verschwand das Grün der Bäume und Wiesen um mich herum und verwandelte sich in ein braun-grau. Bei näheren Hinschauen erkannte ich nur noch dicke Pflanzenstiehle, kahle Äste, blanke Erde und Steine. Als ich in meine Strasse einbog sah ich wie meine Frau auf allen Vieren in unserem Garten kniete, den Mund voller Gras hatte und mich wiederkäuend anmuhte…..! Ein prägendes Bild. Vielleicht fahre ich heute mal überraschend früher heim und gebe ihr einen langen Kuss um zu prüfen ob sie nach frisch gemähten Rasen schmeckt ……