… ein Marmeladenverkäufer zu sein.
Lange, sehr lange musste meine Frau auf mich einreden. Es ging darum sie ein paar Stunden an ihrem Verkaufsstand auf dem Christi Himmelfahrts-Markt in Andechs zu vertreten, damit sie und die Kinder eine Konfirmation von Freunden besuchen können. Die Vernunft sagte: „Tue es nicht! Du bist nicht qualifiziert Kräuter- und küchentechnische Fachfragen zu beantworten. Du bist auch kein Verkäufertyp. Wenn einer mitleidig schaut, wirst Du es ihm schenken. Wenn einer drei Gläser auf einmal kauft, wirst du ihm aus übertriebener Dankbarkeit einen völlig geschäftsschädigenden Rabatt gewähren. Wenn dich jemand fragt, ob du auch nach Hause lieferst, wirst du bejahen und für ein 1€-Probierfläschen 80 Kilometer durch Oberbayern fahren. Andersrum würdest du einen kaufwilligen, aber dich dumm anlallenden Betrunkenen an der Zunge packen, über den Aspalt zur Haltestelle schleifen und mit einem Fusstritt in den Bus stoßen.“
Nein, ich bin kein Verkäufer. Da aber meine für mich formulierten Alternativideen in Summe doch gegen Null gingen, ließ ich mich breitschlagen. Ich lud mir eine Obstkiste voller Brotzeit, um in der erwarteten dreistündigen Betreuungszeit eventuell Fachgespräche durch übertriebene Kauarbeiten schon schon im Keim zu ersticken, und um mich völlig abzureagieren schnappte ich mir noch eine Flasche Guiness, die ich am Fuße des heiligen Andechser Berges leeren würde – Hach…., welch prickelnder Schabernack…. Zusätzlich nahm ich noch einen CD-Spieler mit nebst Didgeredoo-Musik, Genesis und Alice Cooper, denn meine Frau klagte doch nun nach drei Tagen schon über leichte Nervenstörungen, nachdem der Nachbarstand, der CDs verkaufte, den „König von Tirol“ und irgendein Lied von einem roten Bikini schon solange gespielt hatte, dass an dieser Stelle schon fast die Bäume kein Laub mehr hatten.
Im Verlauf meines Arbeitseinsatzes merkte ich allerdings, dass die Didgeredoo-Musik vor dem König zu einem Säuseln zerfiel, und auch kraftvolle Genesis-Klänge und Heavy-Freund Alice Cooper es nicht schafften Tirol zu besiegen…. Ich fügte mich also in mein akustisches Schicksal. Der Verkauf schleppte sich ob des schlechten Wetter so dahin und ich hatte viel Zeit eine lange aufgeschobene Datensammlung über Radioaktivität und Strahlenschäden zu lesen. Ein netter Kontrast zu der Natur die ich verkaufen sollte. Erwartungsgemäß blamierte ich mich dann zwischenzeitlich bei Fragen nach der Wirkung von Wiesenlabkrautgelee und welcher Likör denn richtig süß schmecken würde … Ich bin ja nur die unbezahlte Hilfskraft und meine Frau die Geschulte. Egal, dadurch demütigte ich mich halt mit meinem Nichtwissen selber. Tja, so bleibt man bescheiden.
Alles in allem war es eine nette Erfahrung, die ich nicht missen möchte und ich freue mich schon aufs nächste Jahr, obwohl ich glaube dass ich an diesen Tagen starke Migräne haben werde. Ich spüre schon so ein leichtes Ziehen in der Schläfengegend …